PSA galt jahrelang als unangefochtene Nummer Eins im Grading-Bereich. Millionen Sammler weltweit senden ihre Pokémon-, Sport- oder TCG-Karten ein, im Vertrauen darauf, dass die Bewertung fair, transparent und kompetent erfolgt. Doch ein aktueller Vorfall stellt diese Autorität massiv infrage – und sorgt für eine der größten Kontroversen, die die Szene seit langem erlebt hat.
Was zunächst wie eine technische Neuerung wirkte, entpuppte sich innerhalb weniger Wochen als Nährboden für schwerwiegende Vorwürfe: der PSA Buyback-Service, kombiniert mit der Möglichkeit, die vergebenen Grades bereits in der App einzusehen, bevor die Karten zurückgeschickt werden.
Ein Feature, das Vertrauen schaffen sollte – und nun das Gegenteil bewirkt
Mit dem neuen Online-Feature konnten Sammler ihre Grades vorab einsehen und optional ein Kaufangebot von PSA annehmen. Diese Buyback-Angebote lagen überraschend hoch: 90 bis 95 Prozent des Marktwertes, deutlich über dem, was viele erwartet hatten. Für viele Sammler, die ohnehin nur PSA 10s behalten wollen, wirkte das attraktiv: Wer eine 7, 8 oder 9 erhielt, akzeptierte häufig sofort das Angebot.
Doch genau an dieser Stelle begann der Skandal.
Der Fall „Preston“ – ein Buyback wird zum Wendepunkt
Ein Nutzer namens Preston (@PZPTCG) sendete mehrere Karten ein, sah in der App zahlreiche PSA 9-Bewertungen und akzeptierte daraufhin das Buyback-Angebot. Kurz darauf tauchten dieselben Zertifikatsnummern erneut in der PSA-Datenbank auf – jedoch mit einem anderen Ergebnis: aus den PSA 9 wurden plötzlich PSA 10.
Für jeden, der sich im TCG-Markt bewegt, ist das ein dramatischer Unterschied. Die Preisspanne zwischen einer 9 und einer 10 beträgt häufig das Doppelte oder mehr.
Das brisante Detail:
Diese neuen PSA 10-Grades erschienen nach der Buyback-Akzeptanz. Genau an diesem Zeitpunkt gehörten die Karten PSA – und PSA konnte mit ihnen tun, was immer sie wollten.
PSA reagiert – doch die Erklärung wirft neue Fragen auf
Nach der öffentlichen Aufmerksamkeit – Prestons Posting ging auf X/Twitter viral – meldete sich PSA und gab an, dies sei ein einmaliger Fehler gewesen. Man habe Prestons Video gesehen, in dem er die vergebenen 9er-Grades kritisierte, und daraufhin entschieden, einige seiner Karten „manuell neu zu bewerten“.
Doch mehrere Aspekte wirken unglaubwürdig:
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Warum wurde der Nutzer nicht vor der Buyback-Abwicklung kontaktiert?
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Warum erfolgt eine „Re-Zertifizierung“ ohne jede Mitteilung an den Besitzer?
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Warum geschieht eine Qualitätskorrektur erst nach einem viralen Social-Media-Post?
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Wie oft ist so etwas passiert, ohne dass jemand es bemerkt hat?
Für viele Sammler wirkt die PSA-Erklärung eher wie Schadensbegrenzung als wie eine transparente Aufarbeitung.
Eine wachsende Kritik: Inkonstante Bewertungen, schlechte Kommunikation, lange Wartezeiten
Der Vorfall fällt in eine Zeit, in der PSA zunehmend mit Kritik konfrontiert ist. Grading-Inkonsistenzen, kaum nachvollziehbare Ergebnisse und Verzögerungen prägen die Berichte vieler Nutzer.
Besonders deutlich wird dies in der Stellungnahme von Bleacher Bum Cards, einem PSA-Partner, der über fünf Jahre hinweg fast 17.000 Artikel über PSA eingereicht hat. Trotz dieser langjährigen Zusammenarbeit zog das Unternehmen nun die Reißleine:
„Wir akzeptieren bis auf Weiteres keine neuen PSA-Einsendungen mehr.“
Als Gründe werden genannt:
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extreme Verzögerungen
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unklare und teils widersprüchliche Grading-Ergebnisse
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mangelnde Kommunikation
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und zuletzt die Buyback-Kontroverse
Ihre Botschaft ist deutlich: Nur ein wirtschaftliches Signal könne PSA zum Umdenken bewegen.
Ein strukturelles Risiko: Monopolstellung und Marktbeherrschung
Viele Sammler und Händler teilen die Sorge, dass PSA aufgrund seiner dominanten Marktposition zu wenig Anreiz hat, Prozesse zu verbessern, Fehler einzugestehen oder transparent zu kommunizieren. Wenn eine Firma einen Großteil des Marktes kontrolliert, leidet oft die Qualität – und genau das scheint derzeit sichtbar zu werden.
Mehrere Stimmen aus der Szene raten inzwischen offen dazu, andere Grading-Unternehmen zu nutzen – z. B.:
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TAG
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Beckett
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CGC
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AGS
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ACE
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oder europäische Anbieter, die für mehr Transparenz und Innovation stehen
Die Botschaft: Vielfalt schützt den Markt, Monopole zerstören ihn.
Was bedeutet das für Sammler und Investoren?
Der Vorfall um Preston ist nicht nur eine Anekdote – er ist symptomatisch für ein größeres Problem. Wenn Grading-Unternehmen gleichzeitig hohe wirtschaftliche Anreize haben und die Möglichkeit besitzen, Karten vorab zu bewerten und anzukaufen, entsteht ein gefährlicher Interessenkonflikt.
Wenn PSA durch Buybacks hochwertige Karten günstiger erwerben kann, besteht die Sorge, dass:
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Grades bewusst manipuliert werden könnten
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Buybacks als „Filter“ für potenzielle PSA 10s dienen
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Karten intern regraded und hochpreisig weiterverkauft werden
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Transparenz und Fairness massiv leiden
Auch wenn dies nicht bewiesen ist, zeigen Vorfälle wie dieser, dass das System anfällig ist – und dass Vertrauen schnell erodiert, wenn Abläufe nicht nachvollziehbar sind.
Der PSA-Skandal könnte ein Wendepunkt für die TCG-Grading-Landschaft werden
Der jüngste Buyback-Vorfall zeigt deutlich: Die Community verlangt mehr Transparenz, mehr Sicherheit und nachvollziehbare Prozesse. PSA steht unter Druck wie seit Jahren nicht mehr.
Für Sammler ist dies eine entscheidende Phase. Die Wahl eines Grading-Unternehmens sollte nicht allein auf Marktgröße basieren, sondern auf Integrität, Konsistenz und Kundennähe.
Ob der PSA-Skandal nur ein Ausrutscher oder ein Hinweis auf ein systemisches Problem ist, bleibt abzuwarten – doch klar ist:
Die TCG-Szene wird nicht mehr wegsehen.
Und die Zukunft des Marktes liegt bei den Unternehmen, die Verantwortung übernehmen, offen kommunizieren und die Interessen der Sammler ernst nehmen.
